Globale Krisen, schulischer Druck und die exzessive Nutzung von Digital Media sind die prägenden Faktoren, die das psychische Befinden junger Menschen in Südtirol beeinflussen.

Mehr als 9.000 Eltern und 2.500 Jugendliche haben im Frühjahr 2025 an der vierten Erhebung „Corona und Psyche in Südtirol“ (COP-S) des Instituts für Allgemeinmedizin und Public Health Bozen teilgenommen. Die Ergebnisse zeichnen ein vielschichtiges, teils besorgniserregendes Bild.
Belastungen nehmen andere Formen an
Seit der ersten Befragung 2021 hat sich die allgemeine mentale Belastung zwar verringert – depressive Symptome treten seltener auf –, doch andere Sorgen sind an ihre Stelle getreten. Globaler Krisendruck, schulische Überforderung und die exzessive Nutzung sozialer Medien bestimmen heute das psychische Befinden von Südtirols Jugendlichen. „Corona ist nicht mehr das beherrschende Thema, aber für eine Minderheit nach wie vor ein Belastungsfaktor“, erklärt Dr. Verena Barbieri, Biostatistikerin und Leiterin der COP-S-Erhebungen. Rund 13 Prozent der Jugendlichen geben an, dass die Pandemie noch immer eine Rolle spielt. Unter den Eltern berichten 34 Prozent von eigener anhaltender Belastung.
Fast 40 Prozent zeigen Anzeichen seelischer Probleme
Laut der aktuellen Erhebung weisen fast vier von zehn Kindern und Jugendlichen Hinweise auf psychische Belastungen auf. Besonders betroffen sind Kinder Alleinerziehender, Jugendliche mit Migrationshintergrund sowie jene, die sich von globalen Krisen stark bedrückt fühlen. Hinweise auf Angststörungen und psychosomatische Beschwerden bleiben mit rund 28 Prozent konstant hoch – ein Wert, der seit 2021 kaum gesunken ist.
Digitale Medien: Verstärker statt Ventil
Ein klarer Risikofaktor ist die übermäßige Nutzung digitaler Medien. Fast 35 Prozent der Oberschüler:innen schlafen weniger als acht Stunden pro Nacht. Soziale Netzwerke und Videoplattformen tragen laut Studie zu einem verzerrten Körperbild bei und setzen Jugendliche unter subtilen Druck, bestimmten Schönheits- und Leistungsidealen zu entsprechen.
„Wir beobachten, dass digitale Medien emotionale Probleme nicht abfedern, sondern häufig verstärken“, sagt Dr. Barbieri.
Schule als Belastungsfeld
Auch die Schule bleibt ein zentraler Stressfaktor. 18 Prozent der Kinder von 6 bis 10 Jahren und 38 Prozent der Jugendlichen fühlen sich laut Eltern bzw. in der Selbstbeurteilung stark belastet. Der Zusammenhang ist deutlich: Wer sich in der Schule unter Druck fühlt, zeigt deutlich häufiger Anzeichen seelischer Probleme.
Die Unterschiede zwischen den Schulsprachen sind markant: Jugendliche an italienischsprachigen Schulen berichten häufiger von psychosomatischen Beschwerden und problematischer Internetnutzung, während an deutschsprachigen Schulen Hyperaktivität stärker auffällt. In den ladinischen Schulen stehen soziale Schwierigkeiten im Vordergrund.
Gesundheitskompetenz: Ein unterschätzter Schlüssel
Neu in der diesjährigen Studie ist die Erhebung der Gesundheitskompetenz. Viele Jugendliche – aber auch Eltern – tun sich schwer, verlässliche Informationen zu Gesundheitsthemen zu erkennen und einzuordnen. Das mangelnde Gesundheitswissen wirkt sich direkt auf das seelische Wohlbefinden aus. Hier sieht das Institut einen klaren Handlungsbedarf für Schulen und Politik.





